Konkrete Anfragen von Familienmitgliedern fordern jedoch immer wieder auf, die Arbeit nochmals aufzunehmen und zu versuchen, was noch möglich ist. Selten kann man helfen, denn ein komplettes Archiv fehlt. Panzerbesatzungen haben gewechselt, die einzelnen Kompanien tauschten aus, Abteilungen wechselten ihre Bezeichnung. Lebensläufe sind kompliziert und nur mühsam und bruchstückhaft zu rekonstruieren. Jeder kleinste Hinweis wird dann dankend von den Beteiligten aufgenommen und hat eine wichtige Funktion des Andenkens, der Erinnerung. Manchmal funktioniert es aber auf geradezu wundersame Weise! Anhand der Recherche zu Hans-Peter Schlechter dokumentiere ich den Verlauf der ganzen Suche und Arbeit:
Lt. Fritz Schneider berichtete mir einmal, dass er kurz zuvor den Uffz. Schlechter zum Feldwebel beförderte, dieser dann jedoch mit der Goya unterging... Jahre zuvor war mir bereits der Name Schlechter bekannt, denn das war der Soldat im Panzer von Lt. Rudi Hautmann 1941 - Unser alter Veteran Heinz Goller aus Nürnberg war auch im Panzer und so kannte ich fast die ganze Besatzung, zumindest vom Namen nach.
Jetzt meldete sich überraschend am Sonntag den 25. November 2018 Enkel Michael Schlechter!
Sehr geehrter Herr Zeis,
im Nachlass meiner Großmutter Mario Lohmann, geb. Weil, verw. Schlechter habe ich Fotos meines Großvaters Hans-Peter Schlechter, Berufssoldat und Unteroffzier, geb. aus Heidelberg Handschusheim und zuletzt wohnhaft in der Panzerkaserne Bamberg gefunden. Neben dem Porträt zeigt es ihn unter anderem im Turm eines Panzers mit der Silhouette eines Bären. Die Turmnummer (221) müsste auf die 2. Kompanie, 2. Zug, 1. Panzer hinweisen.
Aus Erzählungen meiner Großmutter ist mir lediglich bekannt, dass mein Großvater am 17. April 1945 mit der Goya auf der Überfahrt von Swinemünde nach Hela untergegangen ist.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Vermutung der Zugehörigkeit zum Panzerregiment 35 kurz bestätigen könnten, bzw. falls diese Vermutung nicht zutrifft, mir weitere Hinweise geben können, damit ich den Lebenslauf meines Großvaters weiter nachforschen kann. Falls die Bilder die Zugehörigkeit bestätigen, können Sie diese gerne in Ihr Archiv übertragen. Ich kann diese auch nochmals in besserer Qualität scannen. Die Rückseite gibt leider keinen weiteren Aufschluss.--
mit den besten Grüßen
Michael Schlechter
Michael Schlechter
Jetzt begann die Suche natürlich zuerst beim altbekannten Bild, wo Richtschütze das erste mal bei uns in Erscheinung trat. Es war 1941 im Panzer von Lt. Rudi Hautmann. Dieser starb kurze Zeit später, der Ladeschütze jedoch, Heinz Goller war ständiger Besucher der letzten Reste der Panzerkameradschaft Nürnberg und konnte das Bild benennen, das bis zuletzt über dem Bette von Dr. Rudi Hautmann hing.
28.11.2018 - Hallo Herr Zeis,
in den weiteren Unterlagen meiner Großmutter habe ich die Kopie eines Briefes von FW Joachim Hannemann gefunden, der am 04.09.1945 aus dem Hotel zur Post (Schalksmühle/Westf.) vom Verbleib meines Großvaters berichtet:
"Sehr geehrte Frau Schlechter!
Für Ihre Karte, die ich heute erhielt, danke ich Ihnen vielmals. - Über die Auskunft, die ich Ihnen im folgendem gebe, seien Sie bitte nicht enttäuscht. Mit Hans, den ich schon sehr lange gute kenne, war ich bis 16.04.45 zusammen. Wir waren, wie sie vielleicht schon von Herrn Luther (SOS im Panzersturm) gehört haben, zuletzt bei und in Danzig im Einsatz. Von dort zogen wir uns etwas zurück über Bohnsack Schiewenhorst in den Wald bei Steegen und Stuthoff auf der frischen Nehrung. Die Abteilung wurde dann aufgelöst und wurde infanteristisch eingesetzt. Ein Teil (50 gute Panzerkommandanten u. -fahrer) blieben auf der Nehrung und sollten zu einer Neuaufstellung ins Reich kommen. Bei diesen 50 Mann war auch Hans. 14 Tage lagen wir in dem Walde und warteten auf endgültigen Bescheid von Berlin und auf unsere Abberufung. Am 15.4. war es endlich so weit. Wir wurden von Schievenhost/Weichselmündung auf kleinen Fährboten nach Hela gebracht und dort auf den 8.000 to-Transporter "Goja" übernommen. Am 16.4.45 um 19:00 Uhr fuhr der Geleitzug - 10 Schiffe - von Hela ab. Die "Goja" war mit 7000 Mann - teil Flüchtlinge, teils Verwundete, teils Dienstreisende - sehr stark besetzt. Wir Panzermänner hatten einen Raum ganz unten im Schiff bekommen. Nachdem wir bereits 5 Stunden auf See waren, wurde das Schiff um 23.55 plötzlich durch 2 sehr starke Detonationen heftig erschüttert. Das Licht ging sofort aus, die starken Eisenträger zerbarsten und das Schiff sank sehr schnell. Es hatte von russ. U-Boot zwei Torpedotreffer bekommen. Da das Schiff binnen 3 Minuten völlig gesunken war, konnten nur Wenige gerettet werden - etwa 200 Mann. Ich selbst war im Moment der Torpedierung gerade an Deck und konnte sofort ins Wasser springen und konnte nach 2 Stunden von einem deutschen Kampfboot gerettet werden. Dieses Boot nahm 104 Schiffbrüchige an Bord, ein anderes Boot rettete 54 Mann. Am anderen Morgen konnten durch Schnellboote weitere 38 Mann gerettet werden. Von Hans habe ich seit der Torpedierung leider nichts mehr gehört. Der größte Teil der Schiffbrüchigen wurde nach Kopenhagen gebracht. Die zuletzt geretteten 38 Mann habe ich selbst nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, ob die Schnellboote vielleicht einen deutschen Hafen angelaufen sind. Ich hörte nur durch Funkspruch, den ein deutsches Kriegsschiff aufgefangen hatte, dass weitere 38 Mann der "Goja" gerettet wurden.
Ich bedaure, dass ich Ihnen keinen günstigeren Bescheid und keine positive Auskunft geben kann. Sollten Sie noch weiter Fragen haben, so bin ich gerne bereit, Ihnen weitere Auskunft zu geben.
Mit den besten Grüßen an Sie verbleibe ich - Joachim Hannemann"
Heinz Goller, damals Ladeschütze im Lt. Hautmann Panzer und später geachteter Feldwebel wurde sehr alt und hätte dem Sohn und Enkelsohn sicher viel von den damaligen Erlebnissen und Kämpfen berichten können. Stary Bychow und die schweren Kämpfe an der Stalinlinie waren sehr dramatisch und traumatisch für die jungen Soldaten.
Heinz Goller berichtete, dass der ganze Panzer weiss von Kalk war. Dieser fiel durch den Artilleriebeschuss vom Putz ab. Dazu gibt es einen russischen Augenzeugenbericht, der auf der anderen Seite des Dnjepr in einer Artilleriestellung feuerte. Ein deutscher Panzer feuerte aus einem Gebäude heraus über den Dnjepr hinüber auf die russische Verteidigungsstellung. (Nachzulesen in der Dokumentation 21 Tage im August)
Auszug: Auf dem hohen Ufer des Dnjeprs war eine Kirche. Bevor die Deutschen kamen, war da ein Gefängnis. Ich sah, wie die Wärter entlassen wurden, es war 1,5-2 Stunden bevor die Deutschen Bychow erobert haben. Die Deutschen brachten einen Panzer in die Kirche und feuerten aus geöffneten Fenster auf unsere Positionen. Es gab keinen Befehl, und ich beschloss, das Feuer auf den Tank zu öffnen. Aber aus dem Fenster waren nur noch ein Turm und Panzer-Kanone zu sehen. Die Geschosse gingen als Abpraller weg, und wir eröffneten deshalb das Feuer mit Brandgranaten, weil die Kirche hatte verschiedene Holz-Erweiterungen (Nebengebäude). Nach zwei oder drei Schüssen fing alles an zu brennen und der Panzer hat aufgehört zu feuern ...
Lt. Rudi Hautmann |
Lt. Rudi Hautmann, der Panzerkommandant. 1942 nach Afrika abkommandiert.
Der Enkel von Hans-Peter Schlechter fügte noch ein weiteres Bild hinzu, das mich wieder vor neue Rätsel stellte. Es zeigte den Uffz. Schlechter in einer Position, die ich gut zu kennen glaubte. Alles schien bereits mir bekannt zu sein.
Beim näheren hinsehen, sind aber die Unterschiede zu bemerken.
Nachlass Hans-Peter Schlechter |
Ich begann im vorhandenen Archiv (Post. "Feldwebel Rühland meldet sich" zu suchen und fand das mir bekannte Bild:
Nachlass Fw. August Rühland |
Gleicher Panzer, gleiche Pose, aber der Kommandant ist Feldwebel August Rühland! Es muss also so sein, dass für die Heimat spezielle Fotos angefertigt wurden, wo auch Teile der Besatzung als "Kommandanten" posieren konnten. Solche Bilder wurden für die Familie und auch für die Freundin gebraucht. Dazu getauscht, wie die vielen öfters vorkommenden Fotos in verschiedenen Alben zeigen.
Hans-Peter Schlechter war also auch im Panzer von August Rühland....
August Rühland war wiederum Teil der Panzerbesatzung vom legendären PiKra (Pionierkrause) Helmut Krause.
Widmung für August Rühland: "Ihr alter Zugführer Helmut Krause" |
Im Nachlass von August Rühland tauchen wieder unbekannte Fotos mit Portraitbildern von Soldaten auf, welche in ganz anderen Alben ebenfalls präsent sind:
Zunächst noch ohne Namen ist der Soldat im Achatz Archiv zu finden!
Zunächst noch ohne Namen ist der Soldat im Achatz Archiv zu finden!
Julius Adam aus dem Nachlass von A.Rühland |
Julius Adam ist gefunden und leider noch keine passende Geschichte dazu. Nur so viel vom Sohn von Edi Achatz: Mein Vater kam sofort zu den Panzern, weil er einen Führerschein hatte, sein Kumpel Adam aus Selb, erst später und über Umwegen.
Was Adam im Nachlass von August Rühland machte bleibt rätselhaft. Nur die wenigsten Bilder sind beschriftet, was die Recherche sehr erschwert, oder unmöglich macht!
Bild aus dem Nachlass von August Rühland |
Hochzeitsfoto aus dem Archiv Edi Achatz |
Alles vom Regiment hat sich verwoben - im Leben und im Tode - Die Panzerbesatzungen haben gewechselt, haben sich ergänzt. So wird alles zu einer großen Familie, die sich gemeinsam erinnert, gemeinsam trauert und gedenkt - mit Bildern und Texten!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen