vom Gefreiten Ludwig, zum Panzeroffizier
in Memoriam
- Prof. Dr. Karl-Heinz Ludwig -
Eine ganze Generation kommt zum Regiment - und bleibt sich bis zum Tode treu... Sie finden sich in der Panzerkameradschaft Nürnberg und Bamberg wieder.1942 noch ein Name unter vielen, später herausragenden Persönlichkeiten, die sich in den Verleihungslisten wiederfinden. |
Das Paket kommt wie versprochen... |
Viel, viel Arbeit steckt in diesen Heften und ist noch zu leisten
mit Übersetzung und Transkription aus der Sütterlinschrift... Jede Seite landet im Scanner und wartet auf den fleissigen Mitarbeiter. |
Leutnant Karl-Heinz Ludwig "Ist das nicht ein fescher Leutnant?" Handschrift, Bildrückseite |
Ich hatt einen Kameraden...(Weihnachtsausgabe 1944 Pz. Abt.129)
Leutnants Ludwig Nachrede auf den hochgeachteten Lt. Walter Weik, vom dem immer noch in Kameradenkreisen gesprochen wurde, dessen Familie und den Zwillingssöhnen, Damit schließt sich gleichzeitig wieder und gänzlich unerwartet ein Kreis um den legendären Feldwebel Walter Weik zu dessen Erwähnung bis jetzt die Initialzündung fehlte. In den 3 Büchern der Regimentsgeschichte und in anderen Schriften wurde er mehrfach erwähnt und abgebildet.
Die Worte vom damaligen Lt. Ludwig zum Geleit des Gefallenen sollen auch ihm selbst jetzt gelten: Ich hatt´ einen Kameraden...
Es war im Herbst 1940 in Frankreich kurz nach dem Westfeldzug, als ich Dir das erste Mal begegnete. Ich kam als junger Rekrut in die kampferprobte Kompanie. Du als Ausbilder und Oberfeldwebel, damals schon mit dem EK I ausgezeichnet, warst für uns junge das Ideal des Panzerkommandanten.
Im Polen Feldzug bei der Vorausabteilung des Panzerregiment 35 warst Du bereits am 8. September 1939 mit einem leichten Zug nach Warschau hinein vorgestoßen und hattest Dir das EK II verdient. Im Westfeldzug hatte Dir Deine umsichtige, ruhige und überlegene Führung beim Durchbruch durch die Weygand Linie das EK I eingetragen.
Deine unerschütterliche Ruhe, Dein goldener Schwabenhumor und Deine umfassenden Panzerkenntnisse ließen sofort ein festes Vertrauen zu Dir entstehen, so dass wir bald alle nur den einen Wunsch hatten, mit Dir in den Einsatz zu gehen.
Am 22.6.1941 war es dann soweit. Unsere Panzer (2. Kp.) rollten über den Bug in die unendliche Weite des russischen Raumes hinein.Wieder führtest du den leichten Zug und immer, wenn Du mit deinen schnellen Panzern II an unseren schweren Panzer III vorbei nach vorne fuhrst, galt jeder Besatzung ein aufmunternder Zuruf, so dass wir beruhigt weiter fuhren. Und dann beim Angriff auf die Stalin Linie! Die Kompanie greift im Breitkeil an. Du mit Deinem leichten Zug noch als Aufklärung vorneweg. Plötzlich aus der linken Flanke starkes Pak Feuer. Ohne Befehl greifst Du, ohne zu zögern, mit Deinen fünf Panzern II die Pak Front an. Vier Deiner Panzer gehen in Flammen auf, auch Dein Panzer erhält mehrere Treffer. Aber die Pak Front ist zerschlagen. Die "großen Brüder", die Panzer III können mit ihrer geballten Kraft die Stalin Linie durchbrechen.
Dann traf ich Dich 1942 wieder bei der Neuaufstellung unserer Abteilung. (Pz. Abt.129) Ich war nun junger Leutnant und Du, ein alter erfahrener Stabsfeldwebel. Es war wirklich eine väterliche Freundschaft, die uns beide verband. Auf Sizilien zogen wir beide als Zugführer in den Kampf.
Ich sehe Dich heute noch vor mir, wie Du gleich in den ersten Tagen zurück kamst von Vorne (HKL) Du hattest Deinen Panzer sprengen müssen. Lange vorher hattest Du Deine Besatzung weggeschickt und erst als Letzter, als es keine andere Möglichkeit mehr gab, hast Du nach der völligen Vernichtung Dein Sturmgeschütz verlassen. Und nun standen Dir die Tränen der Wut in den Augen, dass Du Deinen Panzer nicht mehr zurückbekommen konntest. Dann wurdest Du Oberfähnrich, solltest Offizier werden. Mit manchem Rat konnte ich Dir nun zur Seite stehen.
Und nachdem die 4. Kompanie nach Deutschland kam, blieben wir beide mit unseren Besatzungen bei der Abteilung. Dann wurdest Du Leutnant. Keiner war mehr erfreut als ich. Wieder tatest Du in Cassino* und Nettuno* mit unerschütterliche Ruhe mehr als deine Pflicht.
Du warst jeweils der ruhende Pol. Und Deine Ruhe strahlte auch auf Deine Umgebung aus.
Ich hielt Dich fast für kugelsicher. Und als Dein Bunker durch einen Volltreffer einstürzte und alle unter sich begrub, nur Du kannst heil heraus, da glaubte ich es fest.
Als erster Mann unserer stolzen Panzerabteilung 129 bekamst Du das Deutsche Kreuz in Gold.
Ich freute mich mit Dir. Du freilich in Deiner Bescheidenheit hast es mir damals gar nicht ins Lazarett zu schreiben getraut.
Lediglich von Deinen beiden reizenden Kindern, dem kleinen Pärchen, (Jungs-Zwillinge) hast du mir erzählt. Wie glücklich warst Du als stolzer Vater.
Dann kam der Rückzug von Rom.
Wieder standest Du im Brennpunkt der Kämpfe. Im Kampf gegen eine Übermacht von Feindpanzern wurdest Du abgeschossen und schwer verwundet.
Deine letzten Worte, an die Infanteristen die Dich zurück tragen wollten waren:
„lasst mich, es ist ja doch umsonst !"
seitdem wissen wir nichts mehr von Dir. Ich konnte es kaum glauben, als ich erfuhr, und heute noch fasse ich es nicht, dass Du nicht mehr unter uns weilst.
Aber wo Du auch weilst, lieber Walter, ob Du nach Walhall gleich den anderen Gefallenen eingezogen bist oder nicht, heute gilt Dir unser Gruß.
Und in Dir grüßen wir auch alle anderen Gefallenen und Vermissten unserer stolzen Abteilung.
Sie haben gekämpft und gelitten...
*Cassino, Nettuno - schwere Kämpfe der Pz.Abt.129 an diesen Orten
Nürnberg, 5. März 2017
Lieber Karl-Heinz! Deine Familie hat mir Deine Tagebücher zur digitalen Speicherung überlassen. Es wird eine Mammut Arbeit, Deine Schrift zu entziffern, zu transkribieren, soweit überhaupt möglich. Über den Sinn, die Verantwortung in Deinen Erinnerungen zu kramen, ließe sich lange debattieren. Ich werde deshalb sehr abwägen, was Sinn macht und was wirklich für die Nachwelt wichtig ist. Viele Deiner Aufzeichnungen sind deckungsgleich mit den Erzählungen, mit den Aufzeichnungen Deiner Kameraden. Viele von Ihnen stehen förmlich auf aus der Erinnerung und finden sich oft wieder in diesem Blog über dieses Regiment. So viele sind gefallen, deren Namen noch heute geläufig sind. Ihrer wurde gedacht und sie werden im Rahmen dieser Arbeit in Erinnerung gehalten. Ein sehr bewegendes Ereignis dürfen wir jedoch der Nachwelt nicht vorenthalten! Ich messe persönlich diesem Ereignis große Bedeutung bei, denn es zeigt dass dies der "erste Tote" der noch jungen Soldaten war und Teil der gesamten Ausbildung war. Wenn Heinz Goller als lang gedienter und kampferprobter Feldwebel und Panzerkommandant im Regiment. Überlebender unzähliger Kämpfe, nach den unzähligen Kriegserlebnissen und den ganzen Jahren des Fronteinsatzes, ausgerechnet dieses Ereignis bis zu seinem eigenen Ende immer wieder im Gespräch mit Fritz Schneider erwähnt, dann sollte uns dies zu denken geben! Heinz Goller und Fritz Schneider hatten noch viele Tote gesehen, Hunderte, wenn nicht Tausende... Und dieser junge, heimwehkranke Bursche, der aus Sehnsucht desertierte, scheint sich unauslöschlich in das Bewusstsein eingegraben zu haben! Bis zum Lebensende war es dieses Ereignis. das sie Beide auch mir erzählten und das ich jetzt eigenhändig dokumentiert sehe, das sie nie mehr verließ. Es ist einer dieser "Marker" welche uns aufzeigen, wie die Psyche der Menschen instrumentalisiert wurde.. Zumindest für dieses Ereignis hat sich bereits die ganze Arbeit gelohnt und wenn wir dem armen jungen Soldaten vom 16.10.1940 hiermit ein kleines Denkmal setzen können und seiner gedenken, dann ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit hiermit getan. Geschrieben steht: "Am heutigen Vormittag wurde der Fahnenflüchtige der 4. Kompanie hier am mittleren M.G.Stand erschossen."Heinz Ludwig wurde wie viele Nürnberger und mit seinen oben genannten Kameraden zur Infanterie Grundausbildung nach Coburg eingezogen. Einige der Genannten kamen mit ihm zu Panzer 35. S. Breu fiel in Stary Bychow.
Ohne die freundliche Hilfe der Familie Götz von Rochow, Oliver Lörscher und Lutz Auerswald, wäre dieser Post nicht möglich gewesen. Ich sage herzlichen Dank!
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