Der alte Schäferkarren (alte Liebe) |
Das hat jetzt nicht unmittelbar mit dem Regiment zu tun, weil wir aber ja auch Aufklärungsarbeit leisten und gerade weiter entfernt lebenden Personen Einblicke gewähren wollen, so schweife ich einmal etwas vom Thema ab und lege einfach los:
Im Ortsteil Buch bei Nürnberg steht noch seit vielen Jahren ein Schäferkarren, den ich immer wieder aufsuche.Der Schäferkarren ist in keinem guten Zustand, er ist sehr alt und mich interessierte vor allem die Inneneinrichtung. Alles ist aus einfachen Brettern gezimmert. Ein einfaches Bett, ein schmales Brett, um etwas abzulegen, zwei kleine Fenster, aussen mit Blech beschlagen, grün gestrichen. Sonst nichts. Das musste früher genügen.
Heute war jemand im Stall und so sprach ich den Mann mit dem breitkrempigen Hut an, von dem ich mir schon dachte, dass er der Besitzer des Karrens sei. Es war der alte Schäfer Kiessling aus Buch. Den kannte ich noch nicht, nur seinen Sohn und die Enkeltochter vom Sehen. Schnell kamen wir ins Gespräch und er sagte mir, dass er ursprünglich aus Altentrüdingen komme.
Ich sagte, dass mein Urgrossvater Schäfer in Gunzenhausen war und meine Großmutter auch aus einer Schäferfamilie komme. Er fragte sofort nach dem Namen und "Huber" war ihm sogar ein Begriff. Ich sagte dass es schade sei, wenn der Schäferkarren langsam verkomme und dass ich ihn übernehmen könnte.
Der alte Schäfer: " Soviel Geld hat niemand, dass er mir den Karren abkaufen kann!
Weisst Du, in dem Wagen habe ich schon 1940 als Hüterbube bei 25 Grad minus auf einem Strohsack geschlafen! Mehr gab es damals nicht! Das ging bis 1944 so, dann wurde ich eingezogen nach Erlangen in die Artilleriekaserne. Dort hatten wir einen Ausbilder, einen Oberfeldwebel mit einem Arm, den hatte er in Frankreich verloren.Das war ein ganz feiner Mensch. Der sagte zu uns, dass in der Kaserne alles wie am Schnürchen funktionieren müsse, aber da draussen, und da deutete er ins Gelände, da draussen sieht uns keiner, da können wir uns verstecken. Er liebte das Singen.Wir hatten einen, der kam aus Heidenheim. Der konnte so etwas von schön singen! Der hat eine Stimme gehabt! So übte unsere Stube jeden Tag eine Stunde das Singen. Wir sangen wunderschön und waren in der Kaserne auch tadellose Soldaten. Doch sobald wir nach Marloffstein in die Lamagrube ( Lehmgrube) kamen, versteckten wir uns und hatten eine gute Zeit.
Der OFw. sagte zu uns, dass wir bei ihm keine dreckigen Stiefel bekommen würden. Ausserdem deutete er an, dass es nicht mehr lange dauern würde...( Bis zum Kriegsende) Sagen durfte er es ja nicht. In der anderen Stube waren die von der HJ. Die kamen abends heim und sahen aus wie die Schweine..
Zu Weihnachten gab es keine Kohlen und nichts mehr und wir durften nach Hause.
Ich hütete wieder unsere Schafe. 200 eigene und 400 Gemeindeschafe.
Abends wurden die Nachtwachen aktiv und ich musste sehr vorsichtig sein mit den Schwarzschlachtungen.
( illegale Schlachtungen)
Unser Bürgermeister hatte das Parteiabzeichen und führte sich auf wie der grösste Nazi, aber insgeheim
war er keiner. Er sagte zu mir, dass er persönlich Nachtwachen übernehmen würde und wenn die Gendarmerie kontrolliert, dann klopft er an die Türe.
Viele Bürgermeister waren damals "dreckert" ( sie hatten einen schmutzigen Charakter) aber "Unserer" war ein feiner Mann!
Ende Februar 45, als der Schnee langsam schmolz und wir wieder mit den Schafen auf die Weide konnten, bekam ich einen Stellungsbefehl nach Ansbach.
Der Bürgermeister sagte zu mir, dass ich nicht hingehen solle!
Er geht statt meiner. Mit 75 Jahren wäre er bald wieder zuhause. Das war dann auch so.
Bald wurde nach mir gefragt. Der Bürgermeister sagte den Gendarmen, dass ich auf der Hut mit den Schafen wäre...
Bald wurde wieder nach mir gefragt. Der Bürgermeister sagte wieder das gleiche...
Das fiel bald auf. Immer öfter wurde nach mir gesucht. Der Bürgermeister sagte zu mir, dass ich mich im Wald aufhalten sollte. zeigte mir den besten Platz an. Am Tage verkroch ich mich im Walde, nachts bewachte ich die Schafe und ging auch zu meiner Schwester nach Hause.
Einmal stürzte sie in die Küche: "Du musst sofort weg, da kommen Lichter herauf, das sind Gendarmen, die schieben ihre Fahrräder!" Schnell war ich zum Küchenfenster hinaus und durch den Garten weg,
Der Bürgermeister brachte mir dann das Essen und das Notwendigste zum Leben.
Dann sagte er einmal zu mir: "Es geht nimmer lang- die Ami sind schon in Gunzenhausen!"
Als die Gendarmen wieder kamen sagte er zu ihnen:
" Den Kiessling haben doch schon die Feldgendarmen geholt!" ( Militärpolizei - Jargon: "Kettenhunde")
So war es dann auch und ich konnte wieder in Ruhe meine Schafe hüten."
- Die ganze Unterhaltung dauerte vielleicht eine halbe Stunde und gerne hätter der alte Schäfer Kiessling noch weitererzählt, aber im Schatten war es schon kalt und ich musste weiter. Die Moral von der Geschicht: Es bestimmt letztlich immer der Einzelne über sich selbst und wenn er sich bemüht, gerecht zu sein, dann kommen solche Menschen wie der Oberfeldwebel und der Bürgermeister heraus. Gerechte Menschen in einem ungerechten System. Das ist das Mass der Dinge! Danach ist zu streben, zu handeln.
Es ist sehr lehrreich sich die Urteile der 4. PD unter v. Langermann und Erlencamp anzusehen.
Beispiel aus Franken: Brettheim! ( anklicken!)
Verfahren Lfd.Nr.494 - Tatkomplex: Verbrechen der Endphase
Angeklagte:
G., Friedrich 3½ Jahre
O., Ernst Freispruch
S., Max vor Erlangung der Rechtskraft verstorben
Gerichtsentscheidungen: LG Ansbach 600723 - BGH 590630
Tatland: Deutschland - Tatort: Rothenburg o.T., Schillingsfürst, Brettheim
Tatzeit: 450409, 450410
Opfer: Zivilisten - Nationalität: Deutsche
Dienststelle: Justiz Standgericht des 13.SS-Armee-Korps, Waffen-SS 13.SS-Armee-Korps
Verfahrensgegenstand: Standgerichtliches Todesurteil gegen einen Zivilisten
(wegen Entwaffnung von 4 Hitlerjungen und Beseitigung ihrer Waffen)
sowie sodann gegen den Bürgermeister und den NSDAP-Ortsgruppenleiter von Brettheim,
die sich geweigert hatten das Todesurteil gegen den Zivilisten zu unterschreiben.
Alle Urteile wurden durch Erschiessen bzw. Erhängen vollstreckt
Veröffentlicht in Justiz und NS-Verbrechen Band XVI
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Hans Weigand aus Kitschendorf (SS) war nach seiner schweren Verwundung beim Kriegsgericht in Neustrehlitz als Gerichtsdiener eingesetzt: "Wir mussten die Gefangenen von der Bahn abholen. Wenn sie einen roten Begleitschein angebunden hatten, dann wussten wir, dass es Todesurteile waren. Einmal holte ich einen sympathischen Feldwebel mit eben diesem roten Begleitschein ab. Ich fragte ihn was er denn angestellt hatte. Die Antwort: "Du wirst es nicht glauben, aber ich habe 1 Pfund Butter gestohlen!" Das hat genügt, um ihn zu erschiessen!
Link zu den Kriegsgerichtsurteilen der 4. Panzerdivision
http://www.mediafire.com/?biq2w515550yb
Meine Mutter wartete kurz vor Kriegsende auf dem Bahnhof in Gunzenhausen auf einen Zug.
Es wurden eine Gruppe noch sehr junger Gefangener, deutsche Soldaten ausgeladen. Alle hatten gefesselte Hände. Jemand fragte, was mit den Soldaten geschehe!
Antwort: "Das sind Deserteure, die werden alle erschossen!"
Die Leute brachen auf dem Bahnhof in Tränen aus!
Meine Mutter hat dieses Erlebnis noch nach Jahrzehnten sehr bewegt.
Fritz Schneider hat in Gotenhafen auf seinem Weg vom Hospital auf das Schiff "Pretoria" Ritterkreuzträger an den Laternen hängen sehen! - So war das System!
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