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Über jeden Soldaten liesse sich ein Buch schreiben...

Montag, 9. Dezember 2019

Erlebnisbericht OGfr. Günther Rauh 26.10.1944 - Kurland


Erlebnisbericht des II02 v. Okt. 1944. in Kurland
vom damaligen Ogefr. Günther Rau

Lt. Heinz Wagner - Abteilungs Adjudant

 Ich glaube, es war am 26.10.1944. Die II. Pz 35 sollte wieder einmal einen Frontvorsprung begradigen. Dazu war eine Handvoll Grenadiere unterstellt worden.


Ich war in diesen Tagen Richtschütze im II02. (Kommandant Lt. Wagner, AbtAdj., Fahrer Uffz. Hentzschel, MW-Funker Uffz. Walter Stirner u. Ukw-Funker u. Ladeschütze Gefr. Rudi Kunze).

Am Tag vorher waren bei der Abt. 2 Pk-Männer erschienen, welche ein paar Einsätze mitfahren sollten. Einer davon, ein Gefr. mit dem Reitersportabzeichen, wurde uns zugeteilt. Er frug uns auch gleich, ob wir wohl auch abgeschossen werden könnten, was wir natürlich verneinten.

Die Abt. stellte sich am frühen Morgen an einem Ortsrand bereit. Es herrschte noch starker Nebel. Sobald der sich etwas lichten würde, sollten wir, als Ersatz für einen vorbereitenden Feuerschlag der nicht vorhandenen Artillerie, einige Sprenggranaten auf den gegenüberliegenden Waldrand abfeuern. Dann trat die Abt. an. Wir waren kaum hundert Meter vorgerollt, als der neben uns fahrende Panther in Brand geschossen wurde. Unser Kommandant befahl unseren Pz. als Feuerschutz für den brennenden Panzer, damit die Besatzung, welche verwundet war, geborgen werden konnte. Der Kommandant, vermutlich Uffz. Reschutzegger war sofort tot*.

Was aus den anderen Besatzungsmitgliedern geworden ist, weiß ich leider nicht. Danach versuchten wir wieder Anschluß an die Abt. zu gewinnen und nahmen unterwegs noch einen versprengten russ. Soldaten mit. Im Funk hörten wir, daß das Gelände stark vermint sei und der auf dem Pz. des Kommandeurs mitfahrende Pk-Berichter, ein Ltn., durch Minensplitter im Gesicht verwundet wurde.

Wir waren kaum einige km gefahren, als es plötzlich zweimal kurz hintereinander krachte, und unser Pz. ganz schön durchgerüttelt wurde. Durch die Optik hatte ich Feuerschein gesehen und unser Fahrer rief "raus", da er Paktreffer vermutete. Als ich aber auf dem Heck stand, sah ich die Bescherung, Minen. Beide Ketten waren ab und im Boden waren kleine Trichter. Wir suchten zunächst Deckung hinter dem Panzer, da wir in ca. 100 Meter Entfernung eine vom Iwan besetzte Infanteriestellung erkannt hatten.

Unser Iwan erkannte diese auch und wollte die Gelegenheit zur Flucht nutzen. Ich zog meine Pistole und schoß ihm nach, was ihn zur Umkehr bewog. Wir machten ihm nun klar, daß er seine Kameraden in den Löchern auffordern sollte, sich zu ergeben. Und tatsächlich kamen die Iwans mit erhobenen Händen auf uns zu. Wir sagten unserem Filmberichter, er solle diese Szene filmen, doch der hatte vor Schreck seine Kamera im Panzer gelassen. Er holte sie schnell, war aber so durcheinander, daß die Aufnahmen nichts wurden.

Als wir am nächsten Tag bei der Werkstattkompanie eintrafen, war er gerade dabei, seine restlichen Filme zu verknipsen.

Zum Glück stand unser Pz. mit den Laufrollen noch auf den Ketten, sodaß wir, sobald die restlichen Minen von den Pionieren geräumt und die Gefangenen abgeführt waren, diese instandsetzen und weiterfahren konnten. Wie sich aber herausstellte, war ein Seitenvorgelege beschädigt. An einen weiteren Einsatz war daher nicht zu denken und die Abt. befahl unseren Pz. in die Werkstatt.

* Oliver Lörscher hat recherchiert: Der Name Reschutzegger ist so selten, dass es da nur einen Vermißten gibt: Otto Reschutzegger aus Wien geb. 11.09.1918, vermisst im Oktober 1944 in Lettland.


Das letzte Foto von Heinz Wagner, das ihn bei seiner Ankunft aus dem Kurland in Danzig zeigt. Er wurde posthum zum Olt. befördert und wurde auch zuvor schon zur Beförderung zum Olt. und zum Ritterkreuz von Hauptmann Kästner eingereicht. 

Der Fahrer Uffz. Hentzschel
Der R02